Wie hoch fallen die gezahlten Riester-Renten eigentlich aus? Und kann die Riester-Rente die ihr ursprünglich zugedachte Aufgabe erfüllen - nämlich die Lücke schließen, die die Rentenreformen unter Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) durch die dauerhafte Absenkung des gesetzlichen Rentenniveaus gerissen haben? Bisher fehlten Zahlen hierzu, weil schlicht nicht bekannt war, welche Renten gezahlt werden. Und das nährte Kritik an der Bundesregierung. Sie hatte sich verpflichtet, die staatlich geförderte Altersvorsorge fortlaufend zu evaluieren - und auch ihre Leistungsfähigkeit.

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Aber die Bundesregierung hat geliefert und erstmals eine sogenannte Riester-Auszahlungsstatistik vorgelegt. Sie gibt zumindest einen ungefähren Überblick darüber, was die Sparenden derzeit an Rente erhalten. Die Daten stammen hierbei von der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA), bei der die Versicherer jährlich melden müssen, welche Leistungen sie auszahlen. Sie beziehen sich auf das Jahr 2022.

BILD titelt: „Riester-Rente wird zum Flop“

Die Reaktionen auf die vorgelegten Zahlen fallen eher nicht im Sinne der Branche aus. Erneut werden Zweifel laut, ob die Riester-Rente überhaupt geeignet ist, die Altersvorsorge der Deutschen wirksam zu stärken. Allen voran die BILD, Deutschlands größte Boulevardzeitung. Sie machte als erste auf die Zahlen aufmerksam und titelt: „Riester-Rente wird zum Flop!“ Die Riester-Rente solle vor Geldsorgen im Alter schützen, heißt es in dem Artikel. Doch sie „entpuppt sich für viele als Tropfen auf dem heißen Stein!“

In konkreten Zahlen: Wer 2022 eine Riester-Rente bezog, erhielt durchschnittlich 132 Euro Monatsrente ausgezahlt. Die durchschnittliche Jahresrente betrug 1.581,12 Euro. Die Auszahlungsstatistik zeigt auch, dass 80,4 Prozent der Betroffenen weniger als 2.000 Euro pro Jahr erhalten. Und fast ein Drittel aller Riester-Sparer erhält weniger als 40 Euro im Monat.

Die BILD zitiert Finanzmathematiker Axel Kleinlein, seit jeher ein scharfer Kritiker der Lebensversicherer. "Die Zahlen des Finanzministeriums zeigen, dass die Riester-Rente nur zu einem mickrigen Taschengeld führt. Ein Sparer muss fast 100 Jahre alt werden, damit der Vertrag keinen Verlust macht“, sagt Kleinlein dem Blatt.

Wie lange wurde gespart - und wie viel eingezahlt?

Bei der Frage, wie aussagekräftig die Höhe der Durchschnittsrente ist, wurden wiederholt zwei Einwände laut. Zum einen gehe aus den Zahlen nicht hervor, wie viel und wie lange die Rentnerinnen und Rentner eingezahlt haben. Die Riester-Renten fallen auch deshalb recht niedrig aus, weil es diese Vorsorgeform schlicht noch nicht so lange gibt. Hierzu schreibt das Bundesfinanzministerium: „Aktuelle Bestandsfälle können kaum lange Ansparphasen aufweisen, da die Förderung der Riester-Rente erst 2002 begann. Daher wird erwartet, dass sich die Auszahlungsbeträge bei zukünftigen Auswertungen erhöhen werden, wenn vermehrt Leistungsempfänger mit längeren Riester-Ansparphasen in die Auszahlung gelangen.“

Einwand Numero zwei: Viele Riester-Sparer würden mehrere Verträge halten, entsprechend falle eine Zweitrente unter Umständen geringer aus und verzerre die Ergebnisse. Der Hintergrund: Zulagen können auf maximal zwei Riester-Verträge verteilt werden, was zum Beispiel sinnvoll sein kann, wenn Grund­zulage und Kinder­zulagen zusammen einen größeren Betrag ausmachen. Auch hierzu nennt das Bundesfinanzministerium Zahlen. Im Jahr 2022 bekamen 1.015.209 Personen bereits eine Riester-Rente ausgezahlt. Davon hielten 50.742 Personen mehrere Verträge, wovon wiederum 39.958 mehrere laufende Alters- oder Erwerbsminderungsleistungen ausgezahlt bekamen. Die Zahl der Rentnerinnen und Rentner mit mindestens zwei Riester-Verträgen liegt folglich bei knapp fünf Prozent.

Zudem erlauben es Riester-Verträge, sich einmalig ein Teilkapital von bis zu 30 Prozent auszahlen zu lassen - und dann entsprechend eine niedrigere regelmäßige Monatsrente. Das führt zu sehr hohen Auszahlungen im ersten Jahr und entsprechend niedrigeren in den Folgejahren. Im Jahr 2022 erhielten 57.243 Personen eine solche Rente inklusive Teilkapitalsauszahlung, wobei 49.115 Personen unter „Neufälle“ erfasst wurden: Sie hatten folglich im Jahr zuvor noch keine Leistung erhalten. Neufälle werden in der Statistik grundsätzlich separat ausgewiesen, da auch sie die Ergebnisse verzerren können: Schließlich fällt der Auszahlungsbeginn oft mit dem Renteneintritt in der gesetzlichen Rente zusammen und kann folglich über das ganze Jahr verteilt sein.

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Um zu bewerten, ob Riester nur ein „Taschengeld“ bietet, bräuchte man folglich weitergehende Informationen: etwa, wie lange und wie viel die Rentnerinnen und Rentner durchschnittlich in den Vertrag eingezahlt haben, aber auch, wie hoch die tatsächlichen Kosten der Verträge waren und sind - die Höhe der Abschluss- und Vertriebskosten sorgte ebenfalls wiederholt für Kritik.

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