Wenn das Antragsformular für eine Berufsunfähigkeitsversicherung nicht explizit nach neurologischen Erkrankungen fragt, ist der Versicherungsnehmer nicht dazu verpflichtet, eine bereits bekannte Parkinson-Erkrankung von sich aus anzugeben. Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Dresden in einem Beschluss vom 21. März 2024 mit dem Aktenzeichen: 4 U 1975/23. Damit wurde erneut betont, dass Versicherungsnehmer grundsätzlich nur dazu verpflichtet sind, die enthaltenen Fragen im Versicherungsantrag zu beantworten. Auf das Urteil macht Tobias Strübing von Wirth Rechtsanwälte aus Berlin aufmerksam.

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Im konkreten Rechtsstreit hatte der Kläger, ein früherer Autoverkäufer im Außendienst, 2022 Leistungen aus seiner BU-Versicherung beantragt. Doch es stellte sich heraus, dass er bereits seit 2015 an Parkinson erkrankt war: Diese Erkrankung hatte er nicht gegenüber dem Versicherer angezeigt, als er den Vertrag abschloss. Die Versicherung nahm das zum Anlass, die Anfechtung der Versicherung zu erklären und die Versicherungsleistung zu verweigern. Der Antragsteller habe seine vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt, weil er eine derart schwere Erkrankung spontan hätte anzeigen müssen, argumentierte der Versicherer.

Vereinfachte Gesundheitsprüfung: Parkinson nicht explizit abgefragt

Im Antrag hatte der Versicherer aber lediglich vereinfachte Gesundheitsfragen gestellt, explizit nach neurologischen Erkrankungen wurde hingegen nicht gefragt. So hieß es darin:

(…) Hiermit erkläre ich,

– dass ich zur Zeit voll arbeitsfähig bin und dass ich in den letzten 2 Jahren nicht länger als 2 Wochen ununterbrochen arbeitsunfähig war und – dass in diesem Zeitraum auch keine der folgenden Erkrankungen bei mir festgestellt oder behandelt wurde: Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs, Schlaganfall, Nierenversagen, Zucker und Lebererkrankungen, psychische Erkrankungen, HIV-Infektion/Aids, Erkrankungen oder Beschwerden des Bewegungsapparates (z.B. Rücken, Knie, Hüfte). (...)

Das OLG führte daher aus, dass ein Versicherungsnehmer die in einem Versicherungsformular gestellten Gesundheitsfragen zwar grundsätzlich erschöpfend beantworten müsse. Er dürfe seine Antworten weder auf bestimmte Krankheiten oder Schäden beschränken noch wertende Angaben machen. Dies gelte jedoch nur für solche Gesundheitsfragen, nach denen der Versicherer in Textform gefragt habe.

Wird - wie im vorliegenden Fall - nicht nach neurologischen Erkrankungen gefragt, darf der Versicherungsnehmer darauf vertrauen, dass er solche Erkrankungen auch nach Treu und Glauben nicht ungefragt (spontan) angeben muss. Eine solche spontane Anzeigepflicht bestehe nur bei ungewöhnlichen Krankheiten, zu denen eine Parkinsonerkrankung nicht gehöre.

Einschränkungen des Bewegungsapparates verschwiegen

Trotzdem geht der frühere Autoverkäufer im vorliegenden Fall leer aus. Das Oberlandesgericht Dresden wies die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurück, nachdem bereits das Landgericht Leipzig die Leistungsfreiheit des Versicherers festgestellt hatte. Der Grund hierfür ist jedoch nicht, dass der Mann seine Parkinson-Krankheit nicht angab. Sehr wohl aber litt er bei dem Antrag bereits unter Einschränkungen des Bewegungsapparates, die sich aus der Parkinson-Krankheit ergeben hatten: unter anderem Beweglichkeitsstörungen des rechten Armes und Beines.

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Im vorliegenden Fall hatte der Kläger sich kurz vor dem Antrag auf Berufsunfähigkeits-Schutz ärztlich untersuchen lassen, wobei Parkinson diagnostiziert wurde. Das Gericht sah aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Untersuchung und Antrag sowie der Schwere der Erkrankung eine arglistige Täuschung als gegeben an. Der Versicherungsnehmer sei sich seiner Bewegungseinschränkungen bewusst gewesen und hätte sie daher angeben müssen, unabhängig von den genauen Ursachen dieser Beschwerden, betonten die Richter des 4. Zivilsenates. Entsprechend habe der Versicherer die Leistungen zurecht verweigert.

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